Erst seit 2022 erlaubt es das Programm Erasmus+, auch Lernende in der Erwachsenenbildung als Gruppenmobilität ins Ausland reisen zu lassen. Dabei ist die Idee in der Theorie genial und sehr begrüßenswert, in der Praxis aber mit einigen Hürden verbunden. Erwachsene Lernende haben oft andere Verpflichtungen, Familie oder Arbeit, die es ihnen erschwert, an Reisen flexibel teilzunehmen. Die vergleichsweise niedrigen Fördersätze der EU (hier nachzulesen: https://www.na-bibb.de/fileadmin/user_upload/na-bibb.de/Dokumente/03_Erwachsenenbildung_2021-2027/01_Mobilit%C3%A4t/03_Short-term_Projects/2025/F%C3%B6rders%C3%A4tze_Erwachsenenbildung_2025.pdf) ermöglichen oft nur einfache Zimmer und erfordern die Kreativität der Projektverantwortlichen, um sicherzustellen, dass Teilnehmende rundum versorgt werden können und nichts aus eigener Tasche bezahlen müssen.
Im Fall des IIK Deutschlands kommen weitere Schwierigkeiten hinzu: Unsere Lernenden befinden sich in Vollzeit-Sprachkursen, meistens mit mindestens 25 Unterrichtsstunden pro Woche, hinzu kommen regelmäßige Prüfungen und Zwischentests. Für die meisten Lernenden ist es wichtig, keine Unterrichtszeit zu verpassen – und wenn es sich um Teilnehmende handelt, für die das BAMF die Kurskosten trägt, ist es ihnen gar nicht erlaubt, im Unterricht zu fehlen, um an einer anderen Lernaktivität teilzunehmen. Also verzichten wir auf diese Mobilitäten, oder?
Die Antwort lautet natürlich Nein! Für uns liegen die Vorteile klar auf der Hand. Nahezu alle Lernenden am Institut zählen zu der Kategorie “Teilnehmende mit geringeren Chancen”. Das bedeutet nicht nur, dass die EU zusätzliche Fördermittel für sie bereit stellt, sondern auch, dass ihr Bedarf an Unterstützung höher ist. Gerade diese Teilnehmenden sollten unbedingt in den Genuss der erasmusgeförderten Auslandsreisen kommen müssen. Manche unserer Teilnehmenden haben selbst eine Fluchtgeschichte, viele befinden sich erst seit kurzer Zeit in Europa oder Deutschland. Gerade für diese Personengruppe ist eine Identifikation mit der EU und ihren demokratischen Werten eine bedeutsame Grundlage für ihre Integration in Europa. Durch die Teilnahme an einer Gruppenmobilität können sie erfahren, was es bedeutet, in Europa willkommen geheißen zu werden. Sie lernen im Alltag und anhand eigener Erfahrungen von der Freizügigkeit innerhalb der EU, treffen auf Menschen, die ähnliche und trotzdem völlig unterschiedliche Erfahrungen gemacht haben, finden einen Bezug zu ihrer neuen Heimat und treffen autonome Entscheidungen für ihre Zukunft.
Wir haben also das Abenteuer gewagt und sind im Dezember 2025 zum ersten Mal mit einer Gruppe erwachsener Lernender nach Ostbelgien gefahren. Zwei unserer Teilnehmenden, Michael und Pablo aus Ecuador, haben im Rahmen dieses Projekts ein Video zum Thema “Die EU und ich” erstellt, was die Grundidee unserer Mobilität wunderbar zusammenfasst.
Tipp: Untertitel einschalten
Interesse an den übrigen Projektergebnissen? Wir haben einen Reisebericht geschrieben. Zu finden ist er unter Zwischen Euphorie und Reflexion in Eupen – erste Lernendenmobilität am IIK Deutschland.
Beitrag von Eva-Lisa Finzi, Erasmusbeauftragte am IIK Düsseldorf